Kinderbuchtrends von der Frankfurter Buchmesse 2015

Was wird unter der Decke gelesen?

Bücher

Von Christine Schniedermann

Wenn es draußen ungemütlich wird, zieht man sich doch gern mit einem guten Buch gemütlich auf die Couch zurück. Herbstzeit ist Lesezeit. Auf der internationalen Buchmesse Mitte Oktober in Frankfurt wurden wieder viele neue Titel vorgestellt – unter ihnen natürlich auch Kinder- und Jugendbücher. Rund ein Sechstel des Gesamtumsatzes von Büchern wird regelmäßig mit Kinder- und Jugendbüchern gemacht, eine stattliche Säule im Buchhandel. Zudem war der Umsatz mit Kinder- und Jugendbüchern im Jahr 2014 zwar nur leicht zurückgegangen (um 1,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahr), dennoch sind sich die Verlage der Konkurrenz bewusst. „Im Vergleich zu den 1990er Jahren gibt es einen großen Wettbewerb um die Zeit“, sagt Silke Ruoff, Teamleiterin Unternehmenskommunikation beim Kosmos-Verlag. Heute gibt es mehr Computer-Spiele, Handys und Tablets, mit denen sich Kinder und Jugendliche beschäftigen.

Da verwundert es auch nicht, dass anteilig die Jugendbücher für Kinder ab 12 Jahren am meisten, nämlich nach Angaben des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels zehn Prozent, verloren haben. Lern- oder Vorlesebücher für jüngere Leser schnitten vergleichsweise positiv ab.

Der Kosmos-Verlag hält seit Jahren vor allem ältere Jungen mit den „Drei ???“ bei den Büchern. In diesem Herbst erscheint erstmalig eine „Die drei ???“-Geschichte als Graphic Novel. „Comics liegen im Trend“, sagt Ruoff, „und wir möchten auch denen, die wenig lesen, etwas bieten.“ Als weiteren, anhaltenden Trend sieht Ruoff alles rund um die Themen Natur, Entschleunigung und Entdecken. So gibt es „Mein erstes Schnitzbuch“ inklusive Kinderschnitzmesser, das Anleitungen und Ideen zum Schnitzen gibt oder den „Weltatlas“. Der Weltatlas zeigt nicht nur Länder, Gebirge und Meere, sondern liefert zusätzliche Informationen zu Tieren auf den jeweiligen Kontinenten oder erklärt Vulkane und das Europaparlament.

Viele spannende Spiele lassen sich im „Das André Spielebuch“ von KiKa-Moderator André Gatzke (erschienen im Beltz&Gelberg-Verlag) entdecken. Der Vater von zwei Kindern und Moderator von Kindersendungen wie „Die Sendung mit dem Elefanten“ weiß, was Kindern Spaß macht. Das Buch präsentiert 365 einfache und lustige Spiele, die mit wenig Zubehör gespielt werden können. So können Kinder versuchen, Wasser aus einem Glas mit Hilfe eines Strohhalmes aus dem Glas zu blubbern, bis es leer ist.

Auch bei Beltz&Gelberg ist „Elke“ von Christian Duda erschienen. Der neugierige Kasimir, sechs Jahre alt, stößt auf der Straße mit Sozialarbeiterin Elke zusammen, die gerade einen Kuchen in ein Café an der Ecke bringen will. Es entwickelt sich eine besondere Freundschaft, die das Zusammenwachsen der ganzen Straße nach sich zieht. Im Mittelpunkt stehen Treffen im Café, Geselligkeit und Kuchen. Doch plötzlich ist Elke fort.

Das Buch über Gemeinschaft brachte die Belegschaft des Beltz-Verlages dazu, Kuchen für verschiedene Flüchtlingsfeste zu backen und zu spenden.

Auch um Flucht geht es in „Vielleicht dürfen wir bleiben“ von Ingeborg Kringeland Hald (Carlsen). Der elfjährige Albin ist vor fünf Jahren mit seinen Eltern aus Bosnien nach Norwegen geflohen. Er kann sich noch gut erinnern. Nun ist er wieder auf der Flucht: da seiner Familie die Abschiebung droht, läuft Albin weg.

„Dieses Buch hat große emotionale Kraft“, sagt Katrin Hogrebe, Sprecherin des Carlsen-Verlags. Sie glaubt, dass es zum Frühjahr noch viele weitere Flüchtlingsgeschichten geben wird.

In „Froschmaul-Geschichten“ von Andreas Steinhöfel (Carlsen) geht es um Freundschaft, Geschwister und erste Liebe. In acht Kurzgeschichten für Kinder ab zehn Jahren beschäftigt sich Andreas Steinhöfel mit einem Hamster an der Raststätte oder dem entführten Olle, der für einen ersten Kuss herhalten soll.

Einen alten Bekannten mit neuen Bildern trifft man ebenfalls bei Carlsen. „Harry Potter und der Stein der Weisen“ wurde von dem preisgekrönten Künstler Jim Kay illustriert. Nun lässt sich der erste Teil der Zauberlehrlingsgeschichte noch einmal nachlesen, umgeben von farbenprächtigen Bildern. Jim Kay signierte in Frankfurt am Carlsen-Stand seine Bücher. Die Fans standen Schlange, wie es für Harry-Potter-Bücher üblich ist. Und wer sich an der Schlange vorbeischieben konnte, stieß beim Arena-Verlag auf das große Plakat vom Snöfrid, möglicherweise eine Mischung aus Wiesel und Eichhörnchen mit braunem Fell und Knollnase. Snöfrid schaut mies-muffig drein und dieser Gesichtsausdruck wird mit folgendem Satz begleitet: „Ein Snöfrid hat es eigentlich gern ruhig“. Das es aber nicht ruhig bleiben wird, lässt sich bereits erahnen. Snöfried, erzählt und gezeichnet von Andreas H. Schmachtl (Juli Löwenzahn, Tilda Apfelkern), soll auf abenteuerlichen Wegen Prinzessin Gunilla befreien.

Die Kreativen aus dem Münsteraner „Ateliers Hafenstraße“ haben sich „Das total verbammelte super Tummelsurium der Tiere“ einfallen lassen. In dem Buch finden sich zahlreiche Reime, Zungenbrecher oder Sprichwörter, die alle sehr unterschiedlich, schön oder witzig illustriert worden sind. Ein großartiges Buch zum Lesen, Hören und Schauen.

Am Messestand von Thienemann-Esslinger lugt ein keckes Meerschwein aus den Regalen. „Hier kommt Olga da Polga“ ist ein Kinderbuch vom „Paddington“-Autor Michael Bond, das Catherine Rayner neu illustriert hat. Olga ist ein eigenwilliges, freches Meerschweinchen. Sie entdeckt die Welt des kleinen Mädchens, das sie aus der Zoohandlung geholt hat, trifft auf Kater und Igel und scheint Gefallen an Flunkergeschichten zu haben.

Ob Dauerbrenner wie der Grüffelo, Conni und Leo Lausemaus oder neue Figuren und Bücher wie Elke und Snöfried: Verlage wie Autoren lassen sich eine Menge einfallen, um kleine und größere Leser zu gewinnen und zu halten. „Kinderbücher bleiben beliebt“, sagt Katrin Hogrebe von Carlsen. „Aber wir kommunizieren die Bücher mittlerweile anders. Gerade für Jugendliche werden Blogs oder Portale wie Facebook immer wichtiger.“

Christine Schniedermann Autorin

 

Christine Schniedermann ist Mutter, freie Journalistin und Autorin

www.muensterlandroman.de